Leitlinie Delir - Empfehlungen zur Prävention, Diagnostik und Therapie des Delirs im Alter

Leitlinie Delir - Empfehlungen zur Prävention, Diagnostik und Therapie des Delirs im Alter

von: Wolfgang Hasemann, Egemen Savaskan

Hogrefe AG, 2017

ISBN: 9783456957616

Sprache: Deutsch

176 Seiten, Download: 4190 KB

 
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Leitlinie Delir - Empfehlungen zur Prävention, Diagnostik und Therapie des Delirs im Alter



3. Klassifikation, Klinik und Prädilektionstypen (S. 23-24)
Markus Baumgartner und Martina Hafner

Für das Delir stehen zwei Klassifikationssysteme zur Verfügung, die in der klinischen Praxis die Diagnose definieren:
¦¦ das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM) der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft (APA), das in der fünften Version (DSM-5) [3] vorliegt
¦¦ die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte Internationale Klassifikation psychischer Störungen, gegenwärtig in der zehnten Version (ICD-10) [1, 2] vorliegend.

Die ICD-10 unterscheidet zwischen den Klinisch-diagnostischen Leitlinien für die klinische Praxis und den deutlich stringenter definierten Diagnostischen Kriterien für Forschung und Praxis, die ursprünglich für die Forschung entwickelt wurden, sich inzwischen jedoch nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Praxis bewährt haben.

Die Kriterien von DSM-5 und DSM-IV unterscheiden sich hauptsächlich bezüglich des ersten diagnostischen Merkmals. Dabei löst das DSM-5 die im DSM-IV verankerte Bewusstseinsstörung („disturbance in consciousness“) ab und operationalisiert diese als Aufmerksamkeitsstörung und Störung der Umgebungswahrnehmung („disturbance in awareness“). Die Definition des ersten Merkmals im DSM-5 gleicht sich damit weitgehend der Definition der Diagnostischen Kriterien für Forschung und Praxis der ICD-10 an. Die Klinisch-diagnostischen Leitlinien des ICD-10 definieren dagegen die Bewusstseinsstörung als Vigilanzstörung entsprechend einem Kontinuum zwischen leichter Bewusstseinsminderung und Koma.

Im Unterschied zum DSM ordnet die ICD-10 das Delir nach ätiologischen Gesichtspunkten zwei unterschiedlichen Kapiteln zu:

¦¦ Kapitel F0 (Organische psychische Störungen)
¦¦ Kapitel F1 (Störungen durch psychotrope Substanzen).

Die diagnostischen Leitlinien des Kapitels F05 – „Delir, nicht durch Alkohol oder sonstige psychotrope Substanzen bedingt“ – gelten auch für das in Kapitel F1 codierte Entzugssyndrom mit Delir bzw. die akute Intoxikation mit Delir.

Übereinstimmung besteht bezüglich der diagnostischen Hauptkriterien. Sowohl gemäß DSM-5 als auch ICD-10 ist ein Delir definiert durch:
1. Aufmerksamkeitsstörung
2. kognitive Störung
3. akuten Beginn und fluktuierenden Verlauf.

Mit „Aufmerksamkeitsstörung“ ist eine eingeschränkte Fähigkeit, Aufmerksamkeit zu fokussieren, aufrechtzuerhalten oder zu verlagern gemeint. Die Veränderungen kognitiver Funktionen umfassen insbesondere Kurzzeitgedächtnisstörung, Desorientiertheit (v. a. zeitlich) und Wahrnehmungsstörungen wie illusionäre Verkennungen und Halluzinationen (v. a. optischer Art). Die Entwicklung des Störungsbildes wird gewöhnlich im Rahmen von Stunden bis Tagen angegeben, der Wechsel der Symptome üblicherweise im Verlauf eines Tages.

Die drei aktuell gültigen Klassifikationssysteme (DSM-5, ICD-10 Diagnostische Kriterien für Forschung und Praxis und ICD-10 Klinisch-diagnostische Leitlinien; Tab. 3-1) unterscheiden sich in den geforderten Kriterien. DSM-5 und die Diagnostischen Kriterien der ICD-10 für Forschung und Praxis fordern im Gegensatz zu den Klinisch-diagnostischen Leitlinien der ICD- 10 den Nachweis einer organischen Ätiologie.

Im Unterschied zum DSM-5 verlangt die ICD-10 für eine endgültige Diagnose das zusätzliche Vorhandensein der zwei bzw. drei folgenden Symptome: ¦¦ psychomotorische Störung (beide ICD-10 Klassifikationen) ¦¦ Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus (beide ICD-10 Klassifikationen) ¦¦ affektive Störung (nur Klinisch-diagnostische Leitlinien der ICD-10). Die Klassifikation nach ICD-10 ist somit strenger, daher werden gegenüber dem DSM-5 weniger Patienten mit Delir diagnostiziert [14]. Hinsichtlich des Ausprägungsgrades des Delirs unterscheiden weder DSM-5 noch ICD-10 zwischen verschiedenen Schweregraden.

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