Was uns jung hält - Wie Freundschaft, Optimismus und Freundlichkeit helfen, 100 Jahre alt zu werden. Der Weg zu einem langen, gesunden und glücklichen Leben. Die Jungbrunnen-Methode

Was uns jung hält - Wie Freundschaft, Optimismus und Freundlichkeit helfen, 100 Jahre alt zu werden. Der Weg zu einem langen, gesunden und glücklichen Leben. Die Jungbrunnen-Methode

von: Marta Zaraska

riva Verlag, 2022

ISBN: 9783745316520

Sprache: Deutsch

368 Seiten, Download: 622 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Was uns jung hält - Wie Freundschaft, Optimismus und Freundlichkeit helfen, 100 Jahre alt zu werden. Der Weg zu einem langen, gesunden und glücklichen Leben. Die Jungbrunnen-Methode



Kapitel 2
Wie Ihr Geist mit Ihrem Körper spricht


Hypotheken-Sorgen, stressresistente Nazis und ein paar Billionen Mikroben


In dem Film Manhattan von 1979 bittet Diane Keaton Woody Allen, seine Wut rauszulassen, damit sie die Dinge endlich »ins Reine bringen« können. »Ich werde nicht wütend«, antwortet er. »Stattdessen lasse ich einen Tumor wachsen.«

Woody Allen hatte da vielleicht etwas im Blick. Unser Körper und unsere Psyche sind auf erstaunliche Weise miteinander verbunden. In Experimenten entwickeln Menschen, die sich nur vorstellen, ihre Handmuskeln zu trainieren, am Ende eine bessere Kraft. Andere bekommen echten Ausschlag durch den Kontakt mit falschem Giftefeu. Placebo-Behandlungen sind so effektiv, dass 42 Prozent der kahl werdenden Männer ihr Haarwachstum nach solchen »Kuren« beibehalten oder steigern. Hypnose kann sogar zur Schmerzlinderung bei Lumbalpunktionen und Herzoperationen eingesetzt werden.

An diesen Körper-Geist-Verbindungen ist nichts Magisches oder New-Age-Artiges. Stattdessen verbinden sehr messbare neuronale, hormonelle und immunologische Bahnen unsere Gedanken und Gefühle mit anderen physiologischen Prozessen in unserem Körper. William Paul Young, ein kanadischer Romancier, schrieb einmal, dass »Emotionen die Farben der Seele sind« – eine wunderbare Aussage, aber Quatsch aus Sicht der modernen Biologie. Emotionen sind keine Feenstaubwolken, die in unserem Kopf herumschweben. Sie sind hochentwickelte Signale im Inneren des Körpers, die bei Menschen genauso existieren wie bei anderen Tieren, von Kühen und Hunden bis zu Vögeln und Reptilien.

Nimmt man ein Tier und legt an seinem Hirnstamm, dieser uralten Struktur an der Basis der Gehirns, eine elektrische Stimulation an, ruft man Verhaltensweisen hervor, die auf Emotionen verweisen. Das Gleiche funktioniert auch beim Menschen, was darauf hindeutet, dass Emotionen evolutionär betrachtet sehr alt sind und neben der Inspiration für Poesie auch sehr bodenständigen Zwecken dienen müssen, zum Beispiel uns dabei zu helfen, nicht von Raubtieren gefressen zu werden. Emotionen informieren uns über den Zustand unserer Umwelt und unseres Körpers und helfen uns, eine angemessene Reaktion vorzubereiten. Angst? Ein Löwe könnte sich nähern. Wut? Gleich könnten Sie einen Schlag abbekommen. Ekel? Nicht anfassen! Da könnten Parasiten lauern. Zufriedenheit? Alles ist gut in ihrem Körper.

Emotionen können auch das Lernen erleichtern – Dinge, die emotional aufgeladen sind, prägen sich einfach besser in unser Gedächtnis ein. Sie erinnern sich vermutlich gut daran, nächtliche Spaziergänge in der Savanne zu vermeiden, wenn Sie dort schon einmal von einem Raubtier erschreckt wurden. Bei Laborexperimenten können sich Menschen am besten an Ereignisse erinnern, die emotional intensiv sind, unabhängig davon, wie viel Zeit seit dem Erlebnis vergangen ist. Der Gedanke, dass Emotionen als Wegweiser für Körperempfindungen und für die Umgebung dienen, wird auch dadurch gestützt, dass vom Hals abwärts gelähmte Menschen oft darüber klagen, dass ihre Emotionen abgestumpft seien.

Wohlgemerkt: Auch wenn Eidechsen und Enten Emotionen haben, ist unser Seelenleben wahrscheinlich komplizierter als ihres. Deshalb neigen Neurowissenschaftler dazu, Emotionen von Gefühlen zu unterscheiden. Letztere sind die mentalen Erfahrungen von Emotionen – und dennoch sehr stark in unserer Biologie verankert (die Großhirnrinde ist beteiligt). Emotionen sind im Grunde das, was sich im Bauch oder in der Brust regt. Gefühl ist das, was Ihr Gehirn mit dieser Regung macht, wie es sie erlebt. Emotionen sind unser Wegweiser für die Umgebung. Gefühle sind, wie wir die Zeichen interpretieren. Emotionen erfolgen automatisch, während Gefühle eher bewusst sind.

Genau wie Emotionen und Gefühle sind auch unsere Gedanken keine ätherischen Dämpfe. Noch streiten sich die Forscher darüber, wo genau im Gehirn die selbst erzeugten Gedanken entstehen, doch einige Muster zeichnen sich langsam ab. Eine Region, die als Standard-Netzwerk bezeichnet wird, scheint besonders wichtig zu sein – das ist ein Netzwerk von Hirnregionen, das aktiviert wird, wenn man gerade nichts Bestimmtes tut, ähnlich wie ein Computer im Standby-Modus.

Wenn Sie sich fragen, wie Wissenschaftler die Gedanken im menschlichen Schädel finden, hier einige Beispiele: Sie zwicken Gehirne bei Operationen mit Strom (natürlich mit Erlaubnis des Patienten), sie verwenden implantierte Elektroden, um die von den Neuronen erzeugte elektrische Aktivität aufzuzeichnen, oder sie legen erfahrene Meditierende in Magnetresonanztomografen. Solche Studien zeigen zum Beispiel, dass, wenn man Teile des Standard-Netzwerks des Gehirns von jemandem stimuliert – also die Regionen der Hirnrinde, die aktiviert werden, wenn man an die Vergangenheit denkt oder sich die Zukunft vorstellt –, man diese Personen dazu bringen kann, Tagträume zu haben und spontan Erinnerungen abzurufen. Und wenn man elektrische Impulse von einer Millisekunde durch die mandelförmige Amygdala leitet, kann man ein Déjà-vécu hervorrufen – eine Art Déjà-vu auf Steroiden –, die Illusion, eine ganze Abfolge von Ereignissen bereits erlebt zu haben, die länger, weniger flüchtig und weniger leicht zu verwerfen ist als ein Déjà-vu. Die Amygdala als Region, die sehr wahrscheinlich am Denken beteiligt ist, ist auch eine der wichtigsten Hirnstrukturen, die erklären kann, wie unser Geist und unser Körper miteinander verbunden sind. Das Schlüsselwort hier ist Angst.

Geister und Hormone

Es war zehn Uhr abends, als S.M., eine dreißigjährige Frau, auf dem Heimweg war. Die Gegend war menschenleer, nur Klänge von Chormusik, die aus einer nahe gelegenen Kirche drangen, unterbrachen die Stille. Als S.M. an einem kleinen Park vorbeikam, bemerkte sie einen Mann, der auf einer Bank saß. Sie dachte, er sähe »zugedröhnt« aus, doch als er ihr ein Zeichen gab herüberzukommen, ging sie ihm entgegen. In dem Moment, in dem S.M. sich dem Mann näherte, sprang er auf, zog sie an der Bluse, drückte ihr ein Messer an die Kehle und schrie: »Ich werde dich aufschlitzen, du Schlampe!«

Wäre ich an S.M.s Stelle gewesen, hätte ich vor Panik gezittert. Mein Herz hätte gerast und meine Handflächen wären schweißnass gewesen. Doch S.M. verspürte keine Angst. Sie entgegnete ruhig: »Wenn du mich töten willst, musst du zuerst an den Engeln meines Gottes vorbeikommen.« Dann entfernte sie sich langsam und ließ den fassungslosen Mann zurück. In der nächsten Nacht schlenderte sie durch denselben Park nach Hause. Keine Angst, keine Panik, nichts.

S.M., wie sie von medizinischen Forschern genannt wird, leidet am Urbach-Wiethe-Syndrom, einer seltenen genetischen Störung, die bei ihr eine beschädigte Amygdala hinterlassen hat. Da diese Gehirnregion als schneller Detektor für potenzielle Bedrohungen fungiert, ist S.M. im Grunde furchtlos. Sie hebt gefährliche Schlangen mit bloßen Händen auf und schaut sich Horrorfilme an, ohne mit der Wimper zu zucken. Selbst eines der gruseligsten Spukhäuser der Welt, das Waverly Hills Sanatorium in Louisville, Kentucky, konnte sie nicht aus der Ruhe bringen. Wissenschaftler nahmen S.M. für ein Experiment mit auf eine Tour durch das Waverly Hills Sanatorium in der Hoffnung, ihre Reaktionen auf die dortigen »Dämonen« beobachten zu können – die gruselig verkleideten Mitarbeiter des Sanatoriums. Was sie sahen, war purer Wagemut: S.M. zögerte nicht, um düstere Ecken zu gehen und lachte über die »Dämonen«, versuchte sogar, sie anzusprechen. Andere Leute hingegen hinkten ihr hinterher und schrien vor Angst auf, wenn »Monster« oder »Geister« sie erschreckten.

S.M.s Kühnheit mag beneidenswert erscheinen, doch leider hat sie gefährliche Konsequenzen. S.M. ist Opfer zahlreicher Verbrechen geworden, von häuslicher Gewalt bis hin zu Morddrohungen und Übergriffen. Ohne Angst macht sie Fehler, die andere Menschen eher vermeiden – wie das Zugehen auf einen unter Drogen stehenden Mann in einem dunklen, menschenleeren Park. Ihre »Kampf-oder-Flucht«-Reaktion wird einfach nicht richtig aktiviert.

Wenn Sie wie ich und die meisten Menschen unter keiner Amygdala-Läsion leiden, hätten sie in einer menschenleeren öffentlichen Gegend zur Nachtzeit vermutlich Angst. Konfrontiert mit einem Kriminellen und einem Messer würden Sie wahrscheinlich eine bestimmte Mischung aus Emotionen (Angst, Panik, Wut), erhöhter Aufmerksamkeit und körperlichen Empfindungen wie Herzrasen, schwitzigen Handflächen und Schluckbeschwerden erleben. Das ist eine »Kampf-oder-Flucht«-Reaktion: Ihr Geist und Körper interagieren, um ihr Leben zu retten, so wie es schon bei unseren Vorfahren in der Savanne funktioniert hat.

Die Kampf-oder-Flucht-Reaktion hat sich entwickelt, um uns zu helfen, entweder mit gefährlichen Tieren und Menschen ringen oder erfolgreich die Flucht ergreifen zu können. Die Rate und die Kraft der Herzkontraktionen nehmen zu. Der Blutdruck steigt. Es wird mehr Blut in die Skelettmuskulatur gepumpt, damit Sie sich schneller bewegen können, was Ihre Kraft steigert. Ihre Bronchien weiten sich, was die Atmung erleichtert. Die Pupillen Ihrer Augen weiten sich ebenfalls, sodass Sie besser sehen können. In extremen Situationen entleeren manche Menschen sogar ihre Blase oder ihren Darm – auch das ist ein entwicklungsbedingter Teil der Kampf-oder-Flucht-Reaktion. Denn wenn man kein zusätzliches Gewicht im Bauch hat, kann man schneller fliehen.

Auch wenn heutzutage Löwen auf den Straßen Manhattans oder Londons eher selten sind, ist die Kampf-oder-Flucht-Reaktion, auch bekannt als die »Stressreaktion«, etwas, was die meisten von uns gut kennen. Ihr Chef sagt, er »muss mal mit Ihnen reden«? Angst,...

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