Tiergestützte Interventionen für Menschen mit Demenz

Tiergestützte Interventionen für Menschen mit Demenz

von: Anne Kahlisch Markgraf

ERNST REINHARDT VERLAG, 2020

ISBN: 9783497613359

Sprache: Deutsch

160 Seiten, Download: 46112 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Tiergestützte Interventionen für Menschen mit Demenz



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Grundlegende Überlegungen zu TGI

Die TGI gewinnt seit Jahren an Beliebtheit. Tiere verbessern bei Senioren das Wohlbefinden und die Lebensqualität. Sie vermitteln Freude im Alltag, verringern das Empfinden von Stress und Alltagsbelastungen und geben der eigenen Situation eine positivere Deutung. Zudem wird der Gesundheitsstatus erhöht und zeitgleich die Nachfrage nach Medikamenten oder medizinischen Dienstleistungen verringert. Durch körperliche Aktivierung kommt es auch zu mehr Appetit (Bergler 2009, S. 99). In Studien mit Seniorenheimbewohnern konnte die Reduktion von Einsamkeit und Depression sowie eine Steigerung von Gesprächen in Umfang und Dauer nachgewiesen werden (Julius et al. 2014, S. 54). Bevor man diese Effekte jedoch im Rahmen der TGI in seiner Einrichtung etablieren möchte oder als externer Dienstleister anbietet, sollte man sich genaue Gedanken über den Betreuungsaufwand und die Pflege der in Betracht gezogenen Tiere machen. Zudem sollten die realistischen Kosten in die Abwägung mit einbezogen werden. Kann und möchte man sowohl die finanziellen als auch personellen Ressourcen zuverlässig über 10, 15, 20 oder mehr Jahre bereitstellen? Einen ersten Einblick was Sie bei derartigen Berechnungen berücksichtigen sollten, finden Sie im Kapitel 3 dieses Buches. Wenn Sie sich nach einer ausführlichen Abwägung für Tiere entschieden haben, geht es an die inhaltliche Planung der tiergestützten Interventionen. Hygienefragen, insbesondere des Gesundheitsmanagements, und die Zoonose-Risiken sollten schriftlich dargelegt und umgesetzt werden. Zudem folgen noch Einwilligungen der Besuchten, Meldungen an Ämter und Versicherung. Was das im Genauen für Sie heißt, wird im Folgenden geklärt. In diesem Kapitel werden Ihnen auch viele Beispieldokumente zum Download bereitgestellt. Die im Folgenden geschilderten Voraussetzungen für eine tiergestützte Intervention sind alle notwendig, daher klingen sie teilweise sehr direkt und wie mit erhobenem Zeigefinger. Bitte verstehen Sie das nicht falsch; der Anspruch dieses Buches ist, Ihnen alles aufzuzählen, was im Rahmen eines Tiereinsatzes bedacht werden sollte – inwiefern Sie das hier Geschilderte umsetzen, entscheiden Sie für sich selbst.

Allgemeine Literatur zur Tiergestützten Intervention, insbesondere auch mit wissenschaftlichen Studien, psychologischen Erklärungen und Wirkweisen zur TGI:

Beetz, A., Riedel, M., Wohlfahrt, R. (2018): Tiergestützte Interventionen. Handbuch für die Aus- und Weiterbildung.

Drees, C. (2018): Pforte auf … TGI. Die möglichst freie Begegnung von Mensch und Tier.

Otterstedt, C. (2013): Demenz – Ein neuer Weg der Aktivierung. Tiergestützte Intervention.

Otterstedt, C. (2017): Tiergestützte Intervention – Methoden und tiergerechter Einsatz in Therapie, Pädagogik und Förderung.

Vernooij, M., Schneider, S. (2018): Handbuch der Tiergestützten Intervention.

→ Fachliteratur zu einzelnen Tierarten folgt in Kapitel 3.

Interessante Links:

tierschutz-tvt.de

tiergestuetzte.org

esaat.org

aat-isaat.org

tiergestuetzte-therapie.de

thmev.de

therapie-tiere.de

buendnis-mensch-und-tier.de

tgi-dachorganisation.at

Kostenloser Download der Broschüre „Heft 19: Heimtierhaltung – Chancen und Risiken für die Gesundheit, des Robert Koch Instituts von 2003“ unter: gbe-bund.de/pdf/Heft19.pdf

Kostenloser Download des deutschen Tierschutzbundes – „Tiergestützte Maßnahmen aus Tierschutzsicht“: gesundheit-durch-tiere.de/files/gdt/inhalte/downloads/Tiergestuetzte_Massnahmen.pdf

Kostenloser Download der BAGSO – „Leben mit Tieren in Pflegeeinrichtungen“: bagso.de/fileadmin/Aktuell/Projekte/GERAS/2018/GERAS_Broschuere_Leben_mit_Tieren_in_Pflegeeinrichtungen.pdf

2.1 Definition

Es gibt eine Vielzahl von Begriffen im Bereich der TGI. Die IAHAIO (International Association of Human-Animal Interaction Organizations) hat versucht, diese in ihrem White Paper von 2014 zusammenzufassen, und definiert als Einsatzformen die tiergestützten Interventionen als Oberbegriff, darunter fallen dann Aktivitäten, Therapie, Pädagogik und Coaching.

Tab. 2.1: Definition nach der IAHAIO (Tiergestützte, 2016, S. 32 f. und IAHAIO Homepage, s. Kasten unten).

Der Begriff der TGI ist als Oberbegriff eigentlich immer richtig, insofern Sie sich an die Mindestanforderungen für Einsätze halten. Meine Erfahrung mit Tierkontakten in Senioreneinrichtungen ist, dass eher tiergestützte Aktivität angeboten wird – auch von Fachkräften. Natürlich fallen hierunter alle ehrenamtlichen Besuchsdienste. Aber auch der Planungs- / Dokumentations- und Evaluationsaufwand im Rahmen der Therapie sprengt oft den zeitlichen Rahmen, der dem Fachpersonal zur Verfügung steht, so dass statt Therapie oft eher tiergestützte Aktivität durchgeführt wird.

Das White Paper stellt eine sehr ausführliche Auflistung zu allen relevanten Punkten der TGI dar. Es komplett zu lesen ist sehr empfehlenswert: deutsche Version unter: iahaio.org/wp/wp-content/uploads/2019/07/iahaio-white-paper-2014_18-german_final.pdf

Original unter: iahaio.org/wp/wp-content/uploads/2018/04/iahaio_wp_updated-2018-final.pdf

2.2 Rechtliches

Rund um den Einsatz von Tieren gilt es einige rechtlichen Anforderungen zu bedenken. Grundsätzlich ist es immer empfehlenswert, dass die Person, welche die Interaktion mit den Tieren durchführt, vorher eine gute Weiterbildung zur TGI mit den betreffenden Tierarten besucht hat. Hier bekommt man das Handwerkszeug, um Tiere artgerecht einzusetzen, seine Arbeit zu reflektieren und aktives Qualitätsmanagement im Rahmen der Tiergestützten Interventionen betreiben zu können. Darauf kann in diesem Rahmen leider nicht ausführlich eingegangen werden. Aktuell gibt es immer mehr Anbieter von Weiterbildungen. Interessieren Sie sich für Weiterbildungen, hinterfragen Sie Angebote immer kritisch; erfragen Sie auch, ob man sich an Richtlinien z. B. der ESAAT, ISAAT, IAHAIO oder TVT hält (s. Infokasten unten) und ob die Ausbilder selbst praktische Erfahrungen in dem Gebiet haben. Ein guter Anbieter wird Ihnen gerne bereitwillig, ausführlich, fachlich fundiert Auskunft geben. Ist das nicht der Fall, ist es wahrscheinlich besser, sich nach einem anderen Ausbilder umzuschauen, auch wenn dieser vielleicht etwas weiter weg und teurer ist. Es wurden bereits von einigen Institutionen wünschenswerte Inhalte für Weiterbildungen herausgegeben, diese belaufen sich auf eine Mindeststundenanzahl für die Weiterbildung von 60–70 Stunden, Minimum! Gerne dürfen es auch einige Stunden mehr sein. Damit sollte klar sein, dass man an zwei oder drei Ausbildungstagen keine fundierte Weiterbildung zum Therapiebegleithundeteam, Reittherapeuten, Sozialtierteam, Fachkraft für tiergestützte Intervention etc. erhalten kann. Zeit sollte in eine gute Weiterbildung der durchführenden Fachkraft investiert werden. Pauschal kann man mit etwa einem Jahr mindestens rechnen. Die Investition kommt Ihnen später in der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen zu Gute. Die Behörden sehen es gerne, wenn ein solides Fachwissen zu den tiergestützten Interventionen erworben und angewendet wird.

Bei der Auswahl geeigneter Mitarbeiter oder einer Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern ist es neben der Weiterbildung zudem sinnvoll, auf folgende Punkte zu achten:

   (berufliche) Qualifikation und Erfahrung mit Demenz;

   Konzept liegt vor bzw. kann durch den Mitarbeiter erstellt werden (s. Kapitel 2.2.1);

   alle notwendigen rechtlichen Grundlagen (s. Kapitel 2.2) werden eingehalten;

   Dokumentation und Reflektion können durchgeführt werden (s. Kapitel 2.2.9);

   Mitarbeit in Arbeitsgruppen, Arbeitskreisen, regelmäßige Fortbildung, Teilnahme an Tagungen, Kongressen etc. erfolgt bei mindestens einem Angebot jährlich, um Wissen auf aktuellem Stand zu halten;

   auf den Einsatz hin ausgesuchte gesunde Tiere (Bestandsdokumentation bei mehreren liegt vor, kann umgesetzt werden – s. Kapitel 2.2.3)

Im Nachfolgenden sind Punkte aufgezählt, welche idealerweise vor dem Beginn der TGI umgesetzt worden sind. Es ist empfehlenswert, diese auch einzeln auf die Umsetzung bezüglich Ihres geplanten oder auch schon laufenden Angebotes hin zu überprüfen. Es gibt zwar zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buches noch keine definitive Aussage zur Umsetzung von Tiergestützten Interventionen in Einrichtungen des Gesundheitswesens, jedoch gibt es allgemeine Gesetze, welche durchaus auch im Bereich der TGI greifen. Auf die entsprechenden Paragrafen wird dann im jeweiligen Absatz eingegangen werden. Empfehlenswert ist es, sich einen Einsatzordner anzulegen, in dem alle folgenden Anforderungen schriftlich hinterlegt sind; unter Kapitel 2.2.13 finden Sie am Ende dieses Kapitels dazu eine Übersicht.

Hier erfahren Sie mehr zur TGI, Standards und Weiterbildungen:

Bundesverband Tiergestützte Intervention e. V....

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