Diversity Management - Generationenübergreifende Zusammenarbeit fördern

Diversity Management - Generationenübergreifende Zusammenarbeit fördern

von: Jürgen Wegge, Klaus-Helmut Schmidt

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2015

ISBN: 9783844423846

Sprache: Deutsch

129 Seiten, Download: 3658 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Diversity Management - Generationenübergreifende Zusammenarbeit fördern



|1|1 Diversity Management im demographischen Wandel


Der Begriff „Diversity“ steht in der Managementforschung für die Verschiedenartigkeit oder Vielfalt von Menschen, die in einer sozialen Einheit vorzufinden sind. Diversity ist also ein Phänomen, das auf der Analyseebene von Arbeitsgruppen, Abteilungen oder Organisationen definiert und untersucht wird.

Diversity Management hat hierbei das Ziel, durch eine konstruktive (proaktive) Anerkennung, Wertschätzung und Gestaltung von Unterschieden zwischen Menschen in sozialen Einheiten die Potenziale der Vielfalt für eine effektive und innovative Erfüllung von Arbeitsaufgaben zu fördern und den möglichen Nachteilen der Vielfalt entgegenzuwirken (Langhoff, 2009).

Dies impliziert, dass für spezielle, oft unterrepräsentierte Personengruppen wie z. B. ältere Arbeitnehmer, Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund zunächst auch ein Einbeziehungsmanagement („Inclusion“-Management) erfolgt, das den Zugang (inclusion) dieser Personen in das Unternehmen und die Chancengleichheit bei Beförderungen etc. sicherstellt (Hays-Thomas & Bendick, 2013; Lindsey, King, McCausland, Jones & Dunleavy, 2013). Entsprechende Programme werden daher oft als „Diversity & Inclusion“-Management-Konzepte diskutiert, wobei hier dann in der Regel angestrebt wird, dass die Belegschaft eines Unternehmens so unterschiedlich sein sollte wie die Kunden, Märkte, Produkte etc. dieses Unternehmens es erfordern.

Folgt man den Ergebnissen von Umfragen bei großen Unternehmen (Engeser, 2011; Kaufmann, 2011), ist das „Vielfalts- und Einbeziehungsmanagement“ ein sehr lohnendes Unterfangen. Man erwartet, dass dies hohe Gewinne mit sich bringt, weil damit u. a. der Zugang zu neuen Märkten und Investitionsmitteln verbessert, die Kreativität der Mitarbeiter erhöht und Prozesskosten bei Streitigkeiten mit Minderheiten (z. B. wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, AGG) reduziert werden. Zudem steigt die Attraktivität des Unternehmens insgesamt, was die Anwerbung neuer und den Verbleib bereits beschäftigter Topkräfte erleichtert und – vermittelt über eine geringere Fluktuation – auch eine Kostensenkung im Personalbereich mit sich bringt.

Sind diese Erwartungen tatsächlich gut begründet? Welche Programme bzw. Trainings wären zu empfehlen? Und welche Konsequenzen hat hierbei der in Deutschland in vielen Branchen zunehmend spürbare demographische |2|Wandel? Die Zahlen hierzu sind gut bekannt: Die deutsche Bevölkerung altert und schrumpft gleichzeitig. Insbesondere der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung wird stark zurückgehen (von 49,7 Millionen in 2008 auf 37,2 Millionen in 2050), wobei sich die Alterszusammensetzung ebenfalls deutlich verändert, weil insbesondere der Anteil der älteren Arbeitnehmer (50 bis 65 Jahre) in der Erwerbsbevölkerung bis 2020 auf 40,3 % steigt (Statistisches Bundesamt, 2009). Politische Bestrebungen zur Bewältigung dieser demographischen Trends resultierten u. a. in einem früheren Berufseinstieg sowie einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch das Heraufsetzen des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Beide Maßnahmen erhöhen die Altersspanne der Mitarbeiter (Altersdiversität) in Organisationen. Für die Unternehmen wird es damit zunehmend von Bedeutung sein, die Arbeitsfähigkeit aller noch verfügbaren Beschäftigten zu erhalten und neue, bisher nicht voll ausgeschöpfte „Reservegruppen“ für die Arbeit in zunehmend altersheterogenen Gruppen zu mobilisieren. Der demographische Wandel – Wir schrumpfen, altern und werden gleichzeitig immer „bunter“ – das zeigt diese kurze Analyse, ist also eng mit Diversity Management verknüpft.

Unser Buch gibt einen aktuellen Überblick des Forschungsstandes zu den Formen, Chancen und Problemen von Diversity in sozialen Einheiten sowie den Typen, Zielen und auch Nutzen von organisationalen Diversity-Programmen. Ein wichtiges Ergebnis unserer Ausführungen wird sein, dass es genauso viele Gründe für wie gegen die Vielfalt in Teams und Organisationen gibt. Will man die erhofften Gewinne der Vielfalt durch Einbeziehung demographierelevanter (Reserve-)Gruppen, wie z. B. Frauen oder ältere Arbeitnehmer, für die Lösung des wachsenden Facharbeitermangels realisieren, kommt es also darauf an, wie man dies konkret angeht. Hier gibt es zahlreiche Stolpersteine, die der Leser nach der Lektüre des Buches besser erkennen und vermeiden kann. Einfach Jung und Alt in einem Team zusammen arbeiten zu lassen hat beispielsweise mehr Nachteile als Vorteile. Die generationenübergreifende Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen erfordert ein spezifisches Management, damit sie die erhofften Früchte trägt. Unser Anliegen ist es, dass die zahlreichen Abbildungen, Tabellen und insbesondere auch das ausführlich dargestellte Training, das wir für die Förderung der Zusammenarbeit in altersgemischten Teams und der alter(n)sgerechten Führung entwickelt haben (vgl. Kap. 2.4, 3.2 und 5), dabei helfen können, hier die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu tun.

Im Folgenden betrachten wir zunächst, wie man bisher in der Forschung versucht hat, Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Diversity zu gewinnen. Sowohl die vorhandene Empirie als auch die wichtigsten theoretischen Ansätze sprechen dafür, dass Manager eine sehr komplexe Aufgabe zu bewältigen haben, wenn sie Diversity Management in Organisationen erfolgreich einführen, begleiten und unterstützen wollen. Dies beginnt damit, Diversity erst einmal genau zu definieren und zu messen.

|3|1.1 Definition von Diversity


Es gibt noch keine einvernehmliche Berechnungsvorschrift zur Bestimmung der Heterogenität (synonym: Diversität) einer Organisation, Abteilung oder Gruppe. Zur Beschreibung der Zusammensetzung werden verschiedenste Kennzahlen herangezogen, etwa Maximal- und Minimalwerte, Mittelwerte, Varianzen und Distanzmaße. Da solche Werte für mehrere Merkmale (z. B. Alter, Geschlecht, Ausbildung, Nationalität etc.) bestimmt werden können, besteht zusätzlich die Möglichkeit, die ermittelten Maße erneut zu aggregieren, z. B. indem man sie zu einem Gesamtmaß addiert. Die Vielzahl dieser Kennwerte erschwert allerdings einen Vergleich der einzelnen Studien, die Auswirkungen von Diversität untersucht haben. Harrison und Klein (2007) haben daher versucht, hier etwas Ordnung zu schaffen, indem sie drei verschiedene Grundtypen von Diversität unterscheiden (vgl. Tab. 1). Wir haben dies in der Tabelle am Beispiel der Altersunterschiedlichkeit im Team verdeutlicht und beschreiben die drei Typen nachfolgend genauer.

1.1.1 Diversity als Spaltung der Gruppe

Die Spaltung einer Gruppe bezieht sich auf die Vielfalt der Gruppenmitglieder entlang einem horizontal gedachten Kontinuum, etwa mit Blick auf Meinungen, Werten und Überzeugungen. Die Unterschiede reflektieren Uneinigkeit und Widerspruch innerhalb einer Gruppe. Minimale Unterschiede liegen vor, wenn alle Gruppenmitglieder die gleiche Position auf dem Kontinuum einnehmen. Homogenität wird als vorteilhaft betrachtet, unabhängig davon, ob alle Mitglieder der Gruppe hohe oder niedrige Ausprägungen auf der entsprechenden Skala haben. Im Gegensatz dazu tritt eine maximale Spaltung der Gruppe dann ein, wenn die Gruppenmitglieder an den entgegengesetzten Endpunkten des Kontinuums lokalisiert sind. In Theorie und Forschung wird dieser Diversity-Typ vor allem mit der Theorie der sozialen Kategorisierung verbunden, in der negative Auswirkungen von Diversity wegen der Bildung von Subgruppen und damit korrelierter Diskriminierung erwartet werden (vgl. Kap. 2.2 und 2.4.1). Die Standardabweichung (SD) oder die mittlere euklidische Distanz sind besonders gut geeignet, die Spaltung als Diversitätsmerkmal zu erforschen.

|4|Tabelle 1: Hauptmerkmale verschiedener Diversity-Typen und deren Bedeutung für die Messung von Altersdiversität in Teams (nach Harrison & Klein, 2007)

1.1.2 Diversity als Vielfalt

Die Vielfalt von Gruppenmitgliedern bezieht sich nach Harrison und Klein (2007) in erster Linie auf ihr Wissen und ihre Erfahrung. Gruppenmitglieder unterscheiden sich diesbezüglich eher qualitativ als quantitativ (z. B. bezüglich ihrer Ausbildung, ihrer Nationalität oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit). Darüber hinaus sind aber alle Kategorien von gleichem Wert, |5|obwohl in einem bestimmten Kontext die eine Kategorie günstiger sein wird als die andere. Minimale Vielfalt tritt auf, wenn alle Gruppenmitglieder der gleichen...

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