Gesundheitsförderung in Behindertenwohneinrichtungen - Zum Umgang mit psychischen Störungen, Krankheit, Altern und Tod

Gesundheitsförderung in Behindertenwohneinrichtungen - Zum Umgang mit psychischen Störungen, Krankheit, Altern und Tod

von: Lotte Horstmeier

Hogrefe AG, 2018

ISBN: 9783456959016

Sprache: Deutsch

372 Seiten, Download: 4514 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Gesundheitsförderung in Behindertenwohneinrichtungen - Zum Umgang mit psychischen Störungen, Krankheit, Altern und Tod



3 Epilepsie (S. 61-62)

Epilepsie ist eine Krankheit, die durch Anfälle charakterisiert ist. Diese Anfälle werden durch überschießende, plötzliche elektrische Entladungen von Nervenzellen im Gehirn ausgelöst. Ist nur eine relativ begrenzte Nervenzellgruppe betroffen, spricht man von fokalen31, also örtlich begrenzten Anfällen. Die überschießenden Entladungen können sich aber auch über die gesamte Hirnrinde ausbreiten. In diesem Fall hat der Betroffene einen generalisierten32 Anfall. Der Austausch von Informationen im Gehirn gerät außer Kontrolle. Die Folge ist ein epileptischer Anfall, der entweder nur subjektiv von dem Betroffenen gefühlt oder auch von einem Außenstehenden beobachtet werden kann. Prinzipiell kann jedes menschliche Gehirn auf eine Reihe verschiedener Auslöser hin mit einem Krampfanfall reagieren. Eine erhöhte Anfallsbereitschaft tritt jedoch in der Regel erst dann auf, wenn bei einem Menschen bestimmte Faktoren zusammentreffen. Hierzu gehören:

• die erbliche Veranlagung (= genetische Disposition) zu einer erhöhten Anfallsbereitschaft,
• die verschiedensten Erkrankungen des Gehirns (z. B. Fehlbildungen, Tumore, Blutungen,

Entzündungen, Verletzungen), aber auch Erkrankungen des gesamten Organismus, die zu Funktionsstörungen des Gehirns führen (z. B. Stoffwechselstörungen, Vergiftungen, hochfieberhafte Infekte etc.).

Kommen zu dieser erhöhten Anfallsbereitschaft noch spezifische oder unspezifische Auslöser hinzu, tritt ein epileptischer Anfall auf. Ein Beispiel für einen unspezifischen Auslöser ist Schlafmangel, ein spezifischer Auslöser kann beispielsweise Flimmerlicht mit Stroboskopeffekt (z. B. in Diskotheken) sein (s. Abbildung 3-1). Von einer Epilepsie spricht man jedoch erst dann, wenn solche zeitlich begrenzten Anfälle wiederholt auftreten. Epileptische Anfälle können sehr unterschiedlich aussehen (Beispiele hierzu sehen Sie in den Videos s. Epilepsy [Grand Mal], n. d.; Epilepsy [Absence Seizure], n. d.). Die meisten Menschen verbinden mit dem Begriff Epilepsie einen Krampfanfall, also das plötzliche Zubodenstürzen, oftmals mit einem sog. Initialschrei (Schrei zu Beginn des Anfalls), rhythmische Muskelzuckungen, das Aussetzen der Atmung und Bewusstlosigkeit.

Doch ein solcher tonisch-klonischer Anfall (umgangssprachlich auch großer epileptischer Anfall oder Grand-mal-Anfall) ist nur eine, wenn auch recht spektakuläre Art, wie epileptische Anfälle ablaufen können. Eine andere Form epileptischer Anfälle sind Absencen. Mit diesem Begriff bezeichnet man plötzlich beginnende, nur einige Sekunden bis etwa eine halbe Minute anhaltende Pausen im Bewusstsein. Die davon betroffenen Menschen halten in der eben durchgeführten Tätigkeit inne und nehmen sie dann nach dem Anfall wieder auf. Atonische Anfälle sind dagegen durch einen plötzlichen Verlust des Muskel- und Haltetonus der Skelettmuskulatur charakterisiert. Bei starker Ausprägung spricht man von Sturzanfällen. Wie Abbildung 3-2 zeigt, gehören diese drei Beispiele zur Gruppe der generalisierten Anfälle, die durch den kurzzeitigen Verlust des Bewusstseins gekennzeichnet sind. Bei örtlich begrenzten (fokalen) Anfällen bleibt das Bewusstsein während des Anfalls in der Regel erhalten. Die umgangssprachliche Einteilung in große und kleine Anfälle sollte vermieden werden, da diese Bezeichnungen indirekt mit aussagen, dass es sich bei „großen Anfällen“ (z. B. Tonisch-klonische Anfälle) um schwerwiegendere, gefährlichere Anfälle handelt als bei „kleinen Anfällen“ (z. B. Absencen). Dies ist im Hinblick auf mögliche neurologische Folgeschäden jedoch nicht der Fall.

Um Anfallsfreiheit zu erreichen, werden Menschen mit Epilepsie in der Regel antiepileptisch behandelt. Es gibt eine große Anzahl von Antiepileptika, die je nach Art der Epilepsie und Intensität der Anfälle verordnet werden. Menschen mit geistiger Behinderung und Epilepsie benötigen oft nicht nur ein Antiepileptikum, um Anfallsfreiheit zu erreichen, sondern eine Kombinationstherapie aus zwei oder mehr Antiepileptika. In manchen schweren Fällen kann eine Reduktion der Anfälle schon ein Fortschritt sein.

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