Das Gartenjahr für Menschen mit Demenz - Für draußen und drinnen

Das Gartenjahr für Menschen mit Demenz - Für draußen und drinnen

von: Ulrike Kreuer

ERNST REINHARDT VERLAG, 2022

ISBN: 9783497615568

Sprache: Deutsch

180 Seiten, Download: 3214 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Das Gartenjahr für Menschen mit Demenz - Für draußen und drinnen



Februar

Feste, Bräuche, Traditionen

Im Februar ist der Frühling bereits zu ahnen. Die Kraniche kündigen es lautstark an, wenn sie in ihrer typischen Flugformation wie langgezogene Ketten den Himmel bedecken. Auch in den Seniorenheimen nimmt das Leben langsam wieder an Fahrt auf und in vielen Regionen wird im Februar das Ende der kalten und dunklen Jahreszeit gefeiert.

In manchen katholischen Pflegeheimen wird beispielsweise am 2. Februar, genau 40 Tage nach Weihnachten, Mariä Lichtfest gefeiert. Am weitesten verbreitet ist sicherlich der Brauch zu Lichtmess eine Lichterprozession zu veranstalten. Auch Bräuche heidnischen Ursprungs werden noch heute gefeiert wie zum Beispiel Imbolc, ein keltisches Mondfest, das als Fest der Hoffnung und der Lichter gefeiert wird.

Auch für die Landwirtschaft war der 2. Februar früher sehr bedeutsam. Denn für die Mägde und Knechte auf den Bauernhöfen war es der Tag des Abschiednehmens und es gab den Lohn für das ganze Jahr. Danach entschied sich, ob sie auch im nächsten Bauernjahr weiter auf dem Hof arbeiteten oder sich eine neue Dienststelle suchen mussten.

Meine Erfahrung ist, dass besonders die Landwirtschaft von den meisten alten Menschen gerne als Gesprächseinstieg oder als Aufmunterung zum Erzählen angenommen wird.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – PRAXIS –


Erinnerung und Biografie

Warum nicht am 2. Februar gemeinsam ein Fest des Lichts feiern? Vielleicht veranstalten Sie vor dem Abendessen eine kleine Lichterprozession durch den Garten oder stellen gemeinsam Kerzen auf, für jede teilnehmende Person eine eigene Kerze. Dazu bitte unbedingt flammenlose Kerzen mit LED-Flamme verwenden. Wählen Sie LED-Kerzen mit einer Farbtemperatur von 1.700 Kelvin, diese erzeugen eine warme gelbe Flamme und sind für den Innen- und Außenbereich. verwendbar. Es sich gemeinsam in einem mit Kerzenlicht erleuchteten Raum gemütlich zu machen und den Geschichten über Lichtmess zu lauschen, passt wunderbar in die noch dunkle Zeit. Welche Rituale und Bräuche sind noch bekannt? Welche Geschichten zum Leben von Knechten und Mägden möchten erzählt werden? Die ersten grünen Zweige in einer Vase oder zu einem Kranz geflochten, lassen den Frühling erahnen. Vielleicht flechten Sie aus Bastelstroh ein traditionelles Brigid-Kreuz, das Sonnenkreuz keltischer Tradition, und hängen es an die Türen oder Fenster. Vorbereitend können Sie sich erkundigen, was traditionell in Ihrer Region an diesem Tag gefeiert wird.

Zeitbedarf: ab 60 Minuten ohne Vorbereitungszeit

Kleine Knospen, große Wirkung

Am 2. Februar kehrt das Licht unweigerlich zurück und die Zeit der langen Winternächte geht in großen Schritten dem Ende entgegen. Nicht nur für Menschen in Pflegeeinrichtungen wirkt die Helligkeit belebend, auch in den Bäume und Sträuchern regt sich wieder Leben, sie bekommen Knospen in den unterschiedlichsten Formen und Farben.

Über Bäume wusste zum Beispiel ein alter Mann sehr gut Bescheid, der regelmäßig eine Tagespflegeinrichtung besuchte. Der alte Herr mit weißem Rauschebart war früher zur Jagd gegangen und hatte selbst Brennholz geschlagen. Er wusste, dass Bäume und Sträucher nur bis Ende Februar gefällt werden dürfen, um die Vögel zu schützen.

Dieses Wissen teilt er übrigens mit vielen alten Menschen, denen ich in Seniorenheimen begegnet bin. Auch das Wissen um das Alter von Bäumen, kennen viele Senior*innen. Einmal brachte die Tochter des alten Jägers auf sein Geheiß hin eine Baumscheibe von ungefähr 40 Zentimetern Durchmesser in die Tagespflege. „Die stammt von einer Rotbuche“, wusste er zu berichten. An diesem Tag waren alle Gäste mehr oder weniger mit Zählen der Jahresringe beschäftigt und am Schluss waren sie sich einig: Der Baum musste ungefähr 70 Jahre alt gewesen sein, bevor er gefällt wurde.


Sinnliches
Erleben – Fühlen und Tasten

Das Ertasten von Baumknospen ist einfach durchzuführen. Dazu mit der Ast- oder Rosenschere ausgestattet gemeinsam zum Knospensammeln nach draußen gehen und eine Auswahl unterschiedlicher Äste im Park, Wald oder Garten abschneiden. Knospen gibt es im Februar in den unterschiedlichsten Formen und Farben überall an den Zweigen. Gegebenenfalls um Erlaubnis fragen. Die gesammelten Zweige auf einem Tisch ausbreiten oder für bettlägerige Personen auf der Bettdecke, und sie nacheinander zum Ertasten anbieten. Einige Knospen sind spitz oder vierkantig, andere rundlich und in Paaren angeordnet, manche sind behaart oder klebrig, andere stehen eng zusammen oder thronen an der Spitze eines Zweiges. Wichtig ist, dass alle Beteiligten viel Zeit zum Nachspüren haben. Die Grundvoraussetzung dabei muss sein: Es gibt kein falsches Fühlen! Denn es geht nicht etwa darum, anhand der Knospen die Bäume oder Sträucher zu erkennen, sondern um das Tasten und Fühlen.

Zeitbedarf: ab 60 Minuten einschließlich Sammeln

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – HINTERGRUND –

Menschen, die an Demenz erkrankt sind, setzen vermehrt ihre Hände ein. Oftmals wischen oder „nesteln“ sie an etwas herum, nehmen vieles in die Hand oder drehen an ihren Fingern. Sie scheinen nach Information über das Umfeld zu suchen, um sich darin selbst zu spüren. Dies ist am leichtesten über die Hände zu erreichen. Bereits 1998 kam der Heilpädagoge und Begründer der „Basalen Stimulation“ Fröhlich zu dem Schluss, dass alle unsere Wahrnehmungsmöglichkeiten davon abhängig sind, dass wir Suchbewegungen durchführen, mit denen wir in unterschiedlichen Sinnesbereichen Informationen gezielt sammeln können. Am deutlichsten wird dies bei der taktilen Wahrnehmung, dem Befühlen von Gegenständen, erreicht. (Fröhlich 2001)

Nichts geht über Vorratshaltung

Vorratshaltung ist für alte Menschen etwas sehr Vertrautes. Früher war es üblich und sogar lebensnotwendig, Vorräte anzulegen und Nahrungsmittel haltbar zu machen. In jedem Haushalt gab es damals eine Vorrats- oder Speisekammer, in der alle wichtigen Vorräte gelagert wurden. Das waren kleine Räume, oftmals hinter der Küche oder im Keller.

Fragen Sie mal nach: Wie sahen die Speisekammern aus? Hingen die Würste von der Decke und die Regale standen voll mit Gläsern mit eingemachtem Obst und Gemüse sowie Gefäßen mit Schmalz und Butter?

Im Februar ging es meist an die letzten Vorräte und die Regale im Vorratsraum leerten sich zusehends. „Das war immer etwas ganz besonderes, wenn meine Mutter zum Nachtisch ein Glas eingeweckte Birnen aus der Kammer geholt hat“, schwärmte eine alte Dame beim Anblick leerer Weckgläsern, die sich vor ihr auf dem Tisch aufreihten. „Der Vati wusste genau, wie man Fleisch pökelt und im Winter hat er immer auf die letzten Gläser Pflaumenmus aufgepasst, damit wir Kinder nicht zu viel davon naschen“, schwelgte sie weiter in ihren Erinnerungen. Wie man Nahrungsmittel „einmacht“ gehörte früher zum Standardwissen jeder deutschen Hausfrau und was Pflaumenmus ist, das wusste damals in Deutschland jedes Kind.

Abb. 4: Vorratshaltung. Quelle: Klemens Schwaiger / pixabay

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Erinnerungen und Biografie

Winterzeit ist Vorlesezeit und mit dem Genuss von Pflaumenmus beginnt zum Beispiel ein Märchen der Gebrüder Grimm – das tapfere Schneiderlein, das das Brot mit Mus verzehrte.

Vorbereitung: Den Tisch mit Weckgläsern dekorieren, Pflaumenmus mit frischen Brötchen anbieten und vorlesen.

Hier eine Kurzfassung des Märchens vom tapferen Schneiderlein:

Es war einmal ein Schneider, der in seiner Stube saß und arbeitete. Zum Frühstück schmierte er sich ein Brot mit leckerem Mus und legte es kurz neben sich, um den Wams fertig zu machen, an dem er arbeitete. Als er die Scheibe wieder aufheben wollte, sah er, dass sich Fliegen darauf gesetzt hatten. Er schnappte sich einen Lappen und schlug die Fliegen platt. Sieben Stück erwischte er. Er war beeindruckt und beschloss, es allen mitzuteilen. Das Schneiderlein nähte sich einen Gürtel und schrieb in großen Buchstaben „Sieben auf einen Streich!“ darauf. Er war so stolz, dass er das der ganzen Welt erzählen wollte. Also zog er mit seinem Gürtel und einem Stück Käse in die Welt hinaus. Vor den Toren der Stadt fand er einen Vogel, der sich im Gebüsch verfangen hatte und nahm ihn mit. Er erreichte einen Berg, auf dem...

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