Berufsstolz in der Pflege - Das Mutmachbuch

Berufsstolz in der Pflege - Das Mutmachbuch

von: German Quernheim, Angelika Zegelin

Hogrefe AG, 2021

ISBN: 9783456761923

Sprache: Deutsch

344 Seiten, Download: 10308 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Berufsstolz in der Pflege - Das Mutmachbuch



|19|Einführung


Pflege kann sich sehen lassen! Die Vergütung nach Berufsabschlussprüfung und während der Ausbildung ist gar nicht schlecht. Kaum ein anderer Beruf stellt einen solchen Wachstumsmarkt dar und bietet zugleich eine so hohe Zukunftssicherheit. Die Arbeit erfolgt im Schichtdienst, wie auch bei vielen anderen angesehenen Berufen, z. B. in der Medizin, bei den Fluglotsen, Bühnenberufen, Energiewirtschaft, Feuerwehr oder in der Informatik. Im Gegensatz zu manchen Selbstständigen arbeiten viele beruflich Pflegende regulär nicht mehr als 39 Stunden in der Woche. Und mal anders gefragt: Welche Bankangestellte hat auf Wunsch z. B. jeden Donnerstag frei? Manche Pflegende sind zufrieden, dass sie um 6:00 Uhr starten und bereits ab 14:30 Uhr Feierabend haben, um beispielsweise im Sommer zum Chillen an den See zu gehen oder andere Tagesaktivitäten umzusetzen. Viele genießen auch das lange Ausschlafen im Spätdienst. Gerade die Nacht-, Wochenend- oder Feiertagsarbeit zeigt den Wert und die Dringlichkeit der Aufgaben. Kaum einer der angesagten Trend-Berufe kann eine vergleichbar hohe Sinnkomponente aufweisen – kurzum: Der Pflegeberuf hat enorme positive Aspekte. Diese möchten wir sichtbar machen!

In Deutschland arbeiten 5,6 Millionen Angestellte im Gesundheitswesen. Diese stellen arbeitsmarktpolitisch und wirtschaftlich eine bedeutende Gruppe dar (Destatis, 2019). Die Pflegebranche wächst und wächst. Wir haben in Deutschland inzwischen doppelt so viele Mitarbeiter wie 2011. Rund 1,2 Millionen Ausgebildete sind heute beruflich in der Pflege tätig. Dazu kommen ca. 140 000 Auszubildende. So hat sich allein die Zahl der Pflegenden in ambulanten Diensten und stationären Einrichtungen zwischen 1999 und 2015 um rund 77 Prozent erhöht. Der Trend wird sich fortsetzen, weil mit steigendem Alter der Bevölkerung die Zahl der Pflegebedürftigen zunimmt. Ganz anders bei den Berufen, die durch neue Technologien ersetzt werden können und die es in zwanzig Jahren vermutlich gar nicht mehr geben wird, wie etwa Bank-, Büro- und Versicherungskauffrauen, Steuerberater, Verkäufer oder Elektroniker. Wer dagegen jetzt eine Pflegeausbildung oder ein Pflegestudium absolviert, hat tolle Aussichten auf attraktive Stellen, eine große Auswahl an Weiterbildungen und Studienmöglichkeiten im Markt der Zukunft und die Wahl, sich die besten Arbeitgeber auszusuchen. Gleichwohl verlassen viele Kolleginnen und Kollegen den Beruf frühzeitig. Obgleich schon Zehntausende – nein, Hunderttausende staatlich geprüfte Pflegende in den letzten Jahrzehnten den Beruf verlassen haben, steuerten die Politiker aller regierenden Parteien bis vor kurzem nicht wirksam dagegen. Zur durchschnittlichen Verweildauer im Beruf liegen sehr unterschiedliche Zahlen vor. Wir gehen davon aus, dass es keine validen Daten gibt, weil derzeit bundesweit nicht systematisch erfasst wird, wie lange Berufsangehörige nach ihrem Examen tätig bleiben. Tatsache ist allerdings auch, dass viele Pflegende schon länger im Berufsleben stehen. Die Pflegekammer Rheinland-Pfalz stellte 2019 fest, dass 60 Prozent ihrer Mitglieder über 41 Jahre alt ist.

Überstunden, eine außerordentlich hohe Anzahl an Krankheitstagen im Vergleich mit anderen Berufen und eine geringe Wertschät|20|zung lassen den Berufsausstieg als einzigen Weg aus einem manchmal jahrelang quälenden Dilemma erscheinen. Die Arbeitsbedingungen sind vielerorts desolat und unzumutbar. Das darf nicht verschwiegen werden. Deshalb werden wir das Thema Arbeitsbedingungen diskutieren (Teil III). Internationale Literatur haben wir zum Teil (durch unsystematische Recherche) berücksichtigt – dabei fällt auf, dass unser Thema in vielen Ländern breit bearbeitet wird. Tausende Beiträge scheinen bei einer Schlagwortsuche in den Datenbanken auf. Allerdings sind die Überschriften unterschiedlich. Mal geht es um Selbstverständnis, dann um Kompetenzen oder um professionelle Identität. Oft sind kleine Gruppen untersucht, mit verschiedensten methodischen Ansätzen, vielfach auch in speziellen Pflegesettings. Einen Mainstream zum Thema Berufsstolz, mit einer gut fundierten Theoriebildung, scheint es nicht zu geben. Darum bieten wir Ihnen hilfreiche Tools, was und wie Sie Veränderungen bewirken können (Teil IV und V). Wir haben heute Möglichkeiten, diese unerträglichen Verhältnisse umzugestalten! Auch die Politik hat endlich erkannt, wie wichtig die pflegerische Versorgung der Bevölkerung ist. Viele Maßnahmen wurden und werden ergriffen. Pflege ist in Aktion! Mit diesem Buch möchten wir Sie ermutigen, echten und gesunden Berufsstolz zu entwickeln, sich auf den Kern der Pflege auszurichten, Ihre Arbeitsbedingungen zu reflektieren, und wenn nötig, zu verändern und erfolgreich, gesund und zufrieden Ihren Beruf zu genießen. Ferner möchten wir die frühzeitig aus dem Beruf Ausgeschiedenen bestärken, Pflege wohlwollend zu überdenken, ihre Berufsmotivation zu reaktivieren und einen neuen Versuch in einer spannenden und sinnvollen Tätigkeit zu wagen. Berufsangehörigen aus den zukünftigen Out-Berufen, die heute mit Schrecken feststellen, dass ihre Qualifikation in Zukunft wegfällt oder die im alten Beruf unzufrieden sind, geben wir mit diesem Buch wertvolle Impulse – um ein erstes Pflegepraktikum gut vorbereitet anzugehen. Sollten Sie Freunde oder Verwandte haben, die ggf. ihren Beruf wechseln möchten, bedienen Sie sich bitte bei uns. Nur nicht nachdenkende Kolleginnen und Kollegen handeln gegen eigenes Interesse und schaden sich mit Negativaussagen selbst: Denn wer soll dann noch in die Pflege kommen?

Entscheidend ist, dass Sie selbst positiv über ihren Beruf sprechen.

Schauen Sie selbstbewusst auf sich und Ihre bedeutsame Tätigkeit. Achten und spüren Sie bei der Betrachtung so vieler Facetten der Pflege auf eine Haltung von Stolz. Pflegen Sie dieses Pflänzchen und lassen Sie es bei ausreichend Wasser und Sonne zu kräftigen Stauden heranwachsen, die niemals vertrocknen. Freuen Sie sich darauf, Ihren Patienten und Bewohnern ein sinnreiches „Feelgood-Management“ zu bieten. Lassen Sie uns in der Pflege veraltete Traditionen offen und kontrovers diskutieren und argumentieren Sie mit nachvollziehbaren Botschaften. Im Buch finden Sie unzählige Anregungen dazu. Machen Sie unseren Wert für die Gesellschaft sichtbar, so dass auch die Politik weiter verstärkt darauf reagieren und die Arbeitsbedingungen verbessern wird.

Grundvoraussetzung für eine positive Veränderung unseres Berufs ist eine gesamt-gesellschaftliche Wertediskussion. Positive Aufmerksamkeit erzielen und skandalöse Berichterstattung vermeiden ist ein sinnvoller Weg. So werden wir zeigen, was eine qualifizierte Pflege unter menschenwürdigen Bedingungen leisten kann. Unser Buch verfolgt das Ziel, Sie anzuspornen und proaktiv eine Akteurin oder ein Akteur unseres wundervollen und gewichtigen Berufes zu werden. Praktizieren Sie für sich selbst und für unsere Berufsgruppe Lobbyarbeit und entfalten Sie damit echte politische Kraft. Wir brauchen Interessenvertretungen und Öffentlichkeitsarbeit durch Kolleginnen und Kollegen am Bett. Wer, wenn nicht wir, die Pflegefachpersonen, sind die Botschafterinnen und Botschafter unserer eigenen Professionalität?!

|21|Wir haben uns in diesem Buch für eine leicht verständliche und manchmal auch saloppe Sprache entschieden, um möglichst alle in der Pflege Tätigen anzusprechen. Zu einigen Themen stellen wir bewusst „Schwarz-Weiß-Bilder“, um exemplarisch anhand der Gegensätze zu verdeutlichen. Die Realität ist oft weniger extrem positioniert. So gibt es erfreulicherweise nur selten „einseitig ausbeutende Arbeitgeber“ oder „vollständig inkompetente Führungskräfte“.

Zur leichteren Lesbarkeit verwenden wir wechselseitig die weibliche und männliche Bezeichnung für die in der Pflege Tätigen, wir meinen damit selbstverständlich alle Leserinnen und Leser. Sie werden mal von „der Pflegerin“ und dann wieder von „dem Pfleger“ lesen. Da 85 Prozent der Pflegenden weiblich sind, verwenden wir entsprechend häufiger die Bezeichnung „Pflegerin“. Unter beruflich Pflegenden verstehen wir ausgebildete Berufsangehörige unterschiedlicher Qualifikation.

Um für Sie als Lesende den Text anschaulich, verständlich und interessant zu gestalten, haben wir im Buch Strukturelemente eingefügt. Arbeitsporträts sind Berichte...

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