Es ist nicht alles Demenz - Das Mutmach-Buch nach der Diagnose

Es ist nicht alles Demenz - Das Mutmach-Buch nach der Diagnose

von: Eva Helms

ERNST REINHARDT VERLAG, 2020

ISBN: 9783497614066

Sprache: Deutsch

220 Seiten, Download: 3105 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Es ist nicht alles Demenz - Das Mutmach-Buch nach der Diagnose



4 Wie die Erkrankung verläuft

In diesem Kapitel lesen Sie,

welche Phasen der Erkrankung es gibt,

welche Veränderungen es in der frühen und der mittleren Phase geben könnte,

was in der späten Phase wichtig ist.

Die Einteilung der Erkrankung in Phasen

Fachleute teilen die Demenz-Krankheit in Phasen ein. Es gibt ein frühes, ein mittleres und ein spätes Stadium. Im Text über die frühe Phase werden Sie vermutlich Parallelen zu Ihrer aktuellen Situation wiederfinden.

Im Anschluss finden Sie die Beschreibungen der mittleren und der späten Phase. Wir möchten Ihnen Mut machen, auch diese Abschnitte zu lesen. So können Sie rechtzeitig dafür sorgen, dass Sie später selbstbestimmt und mit guter Lebensqualität leben können.

Niemand kann sagen, wie lange eine bestimmte Phase der Krankheit andauert. Und nicht alle Menschen erleben alle Phasen. Menschen mit der Diagnose „Leichte kognitive Störung“ erleben ihren Alltag ähnlich wie Menschen in der frühen Phase.

Die Einteilung der Erkrankung in Phasen ist ein theoretisches Modell. Ärzte und Pflegende nutzen das Modell, um sich einen schnellen Überblick zu verschaffen.

Im realen Leben verläuft jede Erkrankung unterschiedlich. Nicht immer treten alle Veränderungen so auf, wie im Modell beschrieben. Es gibt oft Abweichungen. Dann verändern sich einzelne Aspekte schneller oder langsamer.

Wichtig ist, wie es Ihnen geht – nicht wie das Modell es beschreibt.

Wie die Krankheit beginnt – die frühe Phase

Sie haben Veränderungen bemerkt und die Diagnose „Leichte kognitive Störung“ oder „beginnende Demenz“ bekommen. Im Alltag kommen Sie gut zurecht. Doch das Gedächtnis, die Konzentration und Ihre Stimmung werden schlechter.

Die Alltagskompetenz in der frühen Phase

„Es ist nicht mehr so wie früher“, sagen Menschen mit beginnender Demenz. Viele Dinge gehen nicht mehr so leicht von der Hand. Doch in den allermeisten Fällen kommen Menschen mit beginnender Demenz im Alltag gut zurecht. Das gilt auch, wenn sie allein leben. Sofern Sie körperlich gesund sind, können Sie genauso gut für sich sorgen wie jeder andere auch. Vielen Mitmenschen fällt die Veränderung zunächst gar nicht auf. Schließlich kann jeder einmal etwas vergessen.

Die Langsamkeit

Haben Sie bemerkt, dass Sie für bekannte Handlungen jetzt viel mehr Zeit benötigen als früher? Ihr Gehirn ist immer noch schlau genug, nach neuen Lösungen zu suchen, wenn die alten Denk-Strategien nicht mehr funktionieren.

Sobald Sie sich Zeit nehmen und sich nicht unter Druck setzen, kommen Sie zu weiterhin zu guten Ergebnissen.

Das Kurzzeitgedächtnis in der frühen Phase

Die meisten Menschen bemerken zuerst, dass sich ihr Kurzzeitgedächtnis verschlechtert. Dinge, die vor kurzer Zeit besprochen wurden, werden nicht erinnert. Gedanken können nicht festgehalten werden. Manchmal vergisst man, wo man etwas hingelegt hat.

Wer gern Romane liest, kann der Handlung nicht mehr gut folgen. Das passiert vor allem dann, wenn viele Personen mitspielen.

Das Langzeitgedächtnis in der frühen Phase

Das autobiografische Gedächtnis

Das Langzeitgedächtnis funktioniert in dieser Phase sehr gut. Alte Menschen berichten, dass sie sich viel besser an Ereignisse aus ihrer Kindheit oder Jugend erinnern können als im früheren Erwachsenenleben. Deshalb nutzen Betreuungspersonen und Therapeuten die Biografie, um die Person zu stärken.

Das Allgemeinwissen

Mediziner sprechen vom semantischen Gedächtnis. Damit meinen sie das Allgemeinwissen einer Person, zum Beispiel: Berlin ist die Hauptstadt von Deutschland. Reife Erdbeeren sind rot. Um Kaffee zu kochen, brauche ich Filtertüte, Kaffeepulver und Wasser.

Dieses Fakten-Wissen ist weiterhin gut abrufbar. Das bemerken Sie sicher auch, wenn Sie gerne Kreuzworträtsel lösen.

Die Sprache in der frühen Phase

Viele Betroffenen berichten von Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden. Oder sie vergessen Namen von bekannten Personen. Meistens fällt ihnen die Bezeichnung oder der Name später wieder ein.

Das Verstehen fällt immer noch leicht. Der Gesprächspartner darf aber nicht zu schnell sprechen. Anstrengend ist es, wenn viele Menschen gleichzeitig reden.

Der Orientierungssinn in der frühen Phase

Trotz beginnender Demenz können sich die Menschen in gewohnter Umgebung gut orientieren. In einer unbekannten Umgebung finden sie sich nicht so gut zurecht. Besonders schwer fällt das zum Beispiel in einer Ferienanlage oder in einem Krankenhaus mit langen, eintönigen Gängen.

Auch die Zeit-Orientierung funktioniert fast immer. Man weiß also, welche Tageszeit, welches Jahr oder welche Jahreszeit gerade ist.

Die Konzentration in der frühen Phase

Vermutlich ist Ihre Konzentration nicht an allen Tagen gleich gut. Tätigkeiten, die Ausdauer und Konzentration erfordern, werden schwieriger. Die Unterschiede zwischen guten und weniger guten Tagen sind größer als früher. Aber an manchen Tagen ist alles so wie früher.

Die Stimmung in der frühen Phase

Viele Menschen berichten von einer depressiven Stimmung. Plötzlich haben sie keine Lust mehr, Dinge zu tun, die sie früher gern getan haben. Manche Menschen fühlen sich antriebslos.

Es fällt schwer, bewusst mitzuerleben, wie Fähigkeiten abnehmen. Viele Menschen versuchen, die Veränderungen vor anderen Menschen zu verbergen. Auch das kostet Kraft. Peinliche Situationen, die entstehen, tragen ebenfalls dazu bei, dass sich Betroffene zurückziehen.

Alle negativen Veränderungen treten vor allem dann auf, wenn Sie Stress haben. Wer sich selbst immer kritisch beobachtet, gerät in einen Teufels-Kreislauf. Deshalb ist es wichtig, gut für sich zu sorgen. Was ich Ihnen sagen möchte:

Sie versuchen, trotz der Erkrankung gut im Alltag zurechtzukommen. An manchen Tagen kostet das sehr viel Kraft. Gehen Sie liebevoll mit sich selbst um. Sagen Sie Ihrem „inneren Kritiker“ und Ihren Angehörigen: „Ich tue alles so gut ich kann! Und ich nehme mir dafür so viel Zeit, wie ich benötige!“.

Sie machen das wunderbar!

Wenn die Krankheit fortschreitet – die mittlere Phase

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung. Niemand kann vorhersagen, wie die Krankheit verläuft. Auch Ihr Arzt kann das nicht. Im Lauf der Zeit treten einige Krankheitsmerkmale verstärkt auf und es kommen neue Störungen dazu. Bei manchen Menschen passiert das sehr schnell. Bei anderen Menschen tritt diese Phase erst nach vielen Jahren der Erkrankung ein.

Die Alltagskompetenz in der mittleren Phase

Für den Erkrankten wird es zunehmend schwieriger, allein zurechtzukommen. Es fällt schwer, Entscheidungen zu treffen oder etwas zu planen. Was ist die richtige Menge für den Wochenendeinkauf? Sind 50 Euro viel oder wenig? Der Umgang mit Geld kann zunehmend problematisch werden. Was bedeutet dieser Brief vom Amt?

Wer in einer Partnerschaft lebt, wird immer mehr Aufgaben an seinen Mann oder seine Frau abgeben. Wer allein lebt, braucht nun ein sicheres Netz von Helfern, denen er vertraut.

Das Kurzzeitgedächtnis in der mittleren Phase

Es wird für Menschen mit Demenz in dieser Phase schwieriger, Gesehenes und Gehörtes zu behalten. Wichtige Informationen können innerhalb weniger Minuten „verschwinden“.

Angehörige klagen dann darüber, dass die Person immer wieder die gleiche Frage stellt. Der Grund dafür ist einfach. Das Thema ist der Person wichtig. Aber das Gehirn kann die erhaltene Antwort nicht abspeichern.

Das Langzeitgedächtnis in der mittleren Phase

Autobiografisches Gedächtnis

Die Vergangenheit spielt jetzt eine große Rolle. Manchmal werden Erinnerungen so eindrücklich, dass Vorstellung und Realität nicht unterschieden werden können. Für den Erkrankten ist das oft weniger problematisch als für seine Umwelt. Ein alter Mensch, der die Anwesenheit seiner Eltern wieder spürt, fühlt sich sicher und geborgen. Außenstehende verunsichert dieses Verhalten. Doch auch traumatische Erlebnisse – zum Beispiel Erinnerungen an Kriegszeiten – können jetzt wieder an die Oberfläche kommen. Dann ist es hilfreich, wenn Angehörige die Lebensgeschichte kennen und den Erkrankten in seinem Erleben gut begleiten. Es ist Zeit für die Unterstützung durch einen erfahrenen Helfer oder einen Therapeuten.

Das Allgemeinwissen

Das Allgemeinwissen nimmt ab. Aber Menschen mit Demenz werden nicht „verrückt“. Ihre Handlungen sind innerhalb des persönlichen Erlebens logisch. Wer als Kind die Hungersnot erlebt hat, vergisst möglicherweise, dass sein Kühlschrank heute gut gefüllt ist und er jederzeit einkaufen kann.

Die Sprache in der mittleren Phase

Sprachstörungen nehmen in der zweiten Phase zu. Die Erkrankten benutzen Wörter, die vom Wortklang oder von der Bedeutung ähnlich wie das richtige Wort sind. Sie sagen zum Beispiel „aufmerken“ statt „aufschreiben“ oder „singen“ statt „klingen“. Dazu kommt nach und nach auch ein gestörtes Wortverständnis. Was andere Menschen sagen, wird nur schwer verstanden. Dann ist es gut, wenn Angehörige Bilder und Gesten benutzen. Das verstehen Menschen mit Demenz besser. Die Lesefähigkeit für kurze Texte bleibt noch lange erhalten.

Der Orientierungssinn in der mittleren Phase

Das Zeitgefühl geht verloren. Erkrankte brauchen Unterstützung bei einer sinnvollen Tagesstruktur. Es fällt ihnen schwer, die Tageszeit richtig einzuordnen. Ist es Vormittag oder Nachmittag? Auch die Auswahl der...

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