Testament, Erbschaft - Wie Sie klare und faire Verhältnisse schaffen

Testament, Erbschaft - Wie Sie klare und faire Verhältnisse schaffen

von: Benno Studer

Beobachter-Edition, 2014

ISBN: 9783855698646

Sprache: Deutsch

273 Seiten, Download: 3128 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Testament, Erbschaft - Wie Sie klare und faire Verhältnisse schaffen



Wer erbt?


Erbteil, Pflichtteil, verfügbare Quote – ganz frei sind Sie nicht, wem Sie Ihren Nachlass zuwenden. Im Erbrecht ist festgelegt, wer Ihre gesetzlichen Erben sind und wie viel diese mindestens erhalten. Über den Rest Ihres Vermögens können Sie nach Gutdünken verfügen.

Die Regeln des Erbrechts


Viele Leute sterben, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag zu hinterlassen. Dann kommen die gesetzlichen Erben zum Zug. Wer diese sind und wer von ihnen welchen Anteil erhält, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.

Gesetzliche Erben sind in erster Linie die Blutsverwandten, dazu der Ehemann, die Ehefrau oder der eingetragene Partner, die eingetragene Partnerin. Erben kann aber auch jede Drittperson. Nämlich dann, wenn sie vom Erblasser im Testament oder im Erbvertrag ausdrücklich als Erbin eingesetzt wurde. Das Erbrecht ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) in den Artikeln 457 bis 640 geregelt. Trotz einiger Revisionen ist es in den Grundzügen seit seiner Einführung am 1. Januar 1912 unverändert geblieben.

Die Stammesordnung

Das schweizerische Erbrecht geht aus von der Stammesordnung, auch Parentelenordnung genannt. Die Verwandtschaft eines Verstorbenen wird in drei Stämme eingeteilt; zu einem Stamm gehören jeweils alle Personen, die in gleicher Weise mit ihm verwandt sind, sowie ihre Nachkommen (siehe Grafik):

1. Stamm = Stamm des Erblassers

die Nachkommen des Erblassers und alle Personen, die von diesen abstammen

2. Stamm = elterlicher Stamm

die Eltern des Erblassers und alle Personen, die von diesen abstammen

3. Stamm = grosselterlicher Stamm

die Grosseltern des Erblassers und alle Personen, die von diesen abstammen

Mit dem Stamm der Grosseltern hört die Erbberechtigung der Verwandten auf.

INFO Die hinterbliebene Ehefrau, der eingetragene Partner stehen ausserhalb der Stammesordnung. Ihre Stellung wird im Gesetz separat geregelt (siehe Seite 19).

DIE STAMMESORDNUNG

Verwandte als Erben: vier Grundregeln

Mit vier Grundregeln lassen sich auch scheinbar verzwickte Erbenverhältnisse mühelos entwirren. Am besten schreiben Sie dazu Ihre Verwandtschaft in Form eines Stammbaums auf – wie in den Darstellungen auf den nächsten Seiten. Die dabei verwendeten Zeichen haben folgende Bedeutung:

Erblasser

noch lebende Personen

vorverstorbene Personen

Grundregel 1

Der nähere Stamm schliesst sämtliche entfernteren Stämme vom Erbrecht aus.

MAYA T. IST NICHT VERHEIRATET. Sie hinterlässt ihren zehnjährigen Sohn Thomas und ihre Eltern. Thomas, der zum 1. Stamm gehört, erbt den ganzen Nachlass seiner Mutter. Die Eltern von Maya T. gehen als Angehörige des 2. Stammes leer aus.

ARMAND V. IST TÖDLICH VERUNFALT. Er hinterlässt seine Mutter Franca; sein Vater ist schon vor drei Jahren gestorben. Der Grossvater väterlicherseits lebt aber noch. Die Mutter erbt alles, weil sie dem 2. Stamm angehört. Der Grossvater als Angehöriger des 3. Stammes erbt nichts.

Grundregel 2

Innerhalb eines Stammes kommt jeweils nur die oberste Generation zum Zug.

ALS REGINA G. STIRBT, hinterlässt sie ihren Sohn Fred und dessen zwei Kinder. Ihr Mann ist schon vor längerer Zeit gestorben. Vom Nachlass von Regina G. erben die beiden Enkelkinder nichts, weil Fred noch lebt.

Grundregel 3

Ist ein Nachkomme vorverstorben, treten dessen Nachkommen an seine Stelle.

HANNA K. HINTERLÄSST ZWEI SÖHNE Erich und Gérard. Die Tochter Anna, selber Mutter von drei Kindern, ist schon vor zwei Jahren gestorben. Bei der Teilung des Nachlasses erhalten Erich, Gérard und der Stamm von Anna – das heisst ihre Kinder – je einen Drittel. Der Drittel von Anna wird unter ihren Kindern aufgeteilt.

Grundregel 4

Hinterlässt ein Erblasser keine Nachkommen, fällt die Erbschaft an die Vater- und die Mutterseite, und zwar je zur Hälfte.

DER LEDIGE ERNESTO F. IST GESTORBEN. Seine Mutter starb bereits vor vier Jahren. Er hinterlässt seinen Vater und zwei Schwestern Carla und Sarah. Der Vater erbt die Hälfte und die Schwestern – anstelle der Mutter – die andere Hälfte, das heisst je einen Viertel.

Wenn noch beide Eltern von Ernesto F. lebten, würde sein Nachlass unter ihnen aufgeteilt und die Schwestern würden leer ausgehen.

TIPP Zeichnen Sie ein Schema Ihrer Familie und setzen Sie sich selbst als Erblasser oder Erblasserin ein. Wer sind Ihre gesetzlichen Erben und welche Bruchteile würden sie erhalten?

Meist sind die vom Gesetz vorgesehenen Erben bekannt. Gesetzlicher Erbe kann jemand aber auch werden, ohne es zu wollen und ohne den Verstorbenen überhaupt gekannt zu haben. Dies ist der Fall bei weit entfernten Verwandten, die ohne Testament verstorben sind (mehr dazu auf Seite 166).

LOUIS C. IST EIN EINZELKIND. Seine Eltern sind bereits gestorben. Herr C. ist der Auffassung, seine beiden Cousinen mütterlicherseits seien seine einzigen gesetzlichen Erbinnen und würden alles erben. Doch er täuscht sich. Zwar lebt Nora, die Halbschwester seines Vaters, die vor 50 Jahren nach Amerika ausgewandert ist, nicht mehr. Aber sie hatte einen Sohn, Daniel. Und obwohl Louis C. diesen nie gesehen hat, ist er sein gesetzlicher Erbe.

WANN ERBT DER STAAT?

Je entfernter die Verwandten, desto mühseliger wird die Suche nach ihnen. Die Erbfolge endet daher mit dem Stamm der Grosseltern, also mit dem dritten Stamm. Wenn auch keine solchen Verwandten vorhanden sind, erbt der Staat. Der Nachlass wird – je nach kantonaler Regelung – meist zwischen Gemeinde und Kanton aufgeteilt.

Ehegatte und eingetragene Partnerin

Neben den Blutsverwandten gibt es weitere gesetzliche Erben. Die wichtigsten unter ihnen sind der Ehegatte und der eingetragene Partner. Hinterbliebene Ehepartner zählen immer zu den Erben, wobei Mann und Frau einander völlig gleichgestellt sind. Wie viel sie erben, hängt davon ab, mit welchen anderen gesetzlichen Erben sie die Erbschaft teilen müssen. Eingetragene Partnerinnen und Partner sind den Ehegatten gleichgestellt; für sie gelten also dieselben Regeln.

INFO Bei der Berechnung der gesetzlichen Erbteile spricht man auch von Erbquoten. Diese Quote entspricht dem Bruchteil am Nachlass, auf den ein Erbe oder eine Erbin Anspruch hat. Eine Übersicht über die gesetzlichen Erbteile in verschiedenen Familienkonstellationen finden Sie auf Seite 30.

Anteil neben Nachkommen

Sind Nachkommen da, beträgt die gesetzliche Erbquote der Ehefrau oder des eingetragenen Partners die Hälfte.

HERMANN W. STIRBT nach langer Krankheit. Er hinterlässt seine Ehefrau Monika sowie die beiden Söhne Samuel und Jonas. Sein Vermögen beträgt 100 000 Franken. Monika W. erhält die Hälfte, also 50 000 Franken; Samuel und Jonas erhalten je 25 000 Franken.

Die hinterbliebene Ehefrau hat zudem das Recht, auf Anrechnung an ihre Erbschaft die eheliche Wohnung oder das Haus zu Eigentum zu beanspruchen. Diese Bestimmung ist eine reine Teilungsvorschrift, das heisst: Die Ehefrau muss die Liegenschaft aus dem Nachlass herauskaufen und die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft finanziell abfinden (mehr dazu auf Seite 112).

Anteil neben Erben des elterlichen Stammes

Hat eine verheiratete Erblasserin keine Kinder, erhält der Ehemann drei Viertel ihres Nachlasses, während ein Viertel an die Erben des elterlichen Stammes fällt, also an die Eltern der Verstorbenen und allenfalls an ihre Geschwister.

VERENA V. HINTERLÄSST ihren 56-jährigen Ehemann Bert, ihre Mutter und ihren Vater. Nachkommen hat das Ehepaar V. nicht. Bert V. erbt drei Viertel des Nachlasses, die Eltern zusammen einen Viertel, jeder Elternteil also einen Achtel.

Viele kinderlose Ehepaare glauben, beim Tod der einen Seite erbe die andere automatisch alles. Das ist ein Irrtum. Eltern, Geschwister, Geschwisterkinder sind gesetzliche Erben und erhalten einen Viertel des Nachlasses. Es besteht aber die Möglichkeit, in einem Ehevertrag, Erbvertrag oder Testament diese gesetzliche Quote aufzuheben und dem überlebenden Ehegatten zuzuwenden.

TIPP Wenn Sie verheiratet sind, keine Kinder haben und Ihre Frau, Ihren Mann allein begünstigen möchten, braucht es unbedingt eine Regelung (siehe Seite 115).

Leben nur noch Erben des grosselterlichen Stammes, erhalten Ehegatten – oder eingetragene Partner – den gesamten Nachlass.

Adoptivkinder, Stiefkinder und aussereheliche Kinder

Seit 1973 sind Adoptivkinder den eigenen Nachkommen ihrer Adoptiveltern erbrechtlich absolut...

Kategorien

Service

Info/Kontakt